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Selbstbetrug


Der Autor schreibt zuerst für sich. Und nur für sich. Es ist eine Art Selbstbefriedigung und Selbstbefreiung. Der Sätze müssen heraus, sie müssen schwarz auf weiß sichtbar werden, so dass man sie lesen kann. Er wird das niederschreiben, was ihn bewegt und was ihm wichtig ist. Manchmal kann das wie eine Orgie sein.

Aber dann kommt ein Leser daher, und dem gefällt das Ganze überhaupt nicht.

Was ist geschehen? Die Lösung ist einfach. Der Autor hat die Distanz verloren. Er war nicht in der Lage, kritisch einen halben Meter oder mehr vom Text wegzurücken und sich eine andere Brille aufzusetzen. Er hat eben wirklich nur für sich geschrieben und sich belogen, dass Geschriebenes automatisch auch ein kunstverständiges Publikum finden müsse.

Man könnte auch meinen, er wäre wie ein Politiker geworden, abgehoben, nicht mehr bodenständig, in der Arroganz der Macht alles missachtend, was um ihn herum vor sich geht. Wer am Markt vorbei produziert, der muss sich nicht wundern, wenn der Markt sich nicht dafür interessiert.

Darum gibt es wieder eine einfache Regel: Überlegen Sie, für wen sie schreiben.

Versuchen Sie, sich in potentielle Leser hineinzuversetzen. Sie schreiben für Leute, die Ihnen völlig fremd sind, die Sie und Ihre Romanpersonen aber mögen sollen. Sie sollen die Sätze in sich „hineinfressen“, in einem Ritt, nicht mehr losgelassen sein von den Geschehnissen, die Sie schildern. Mal ehrlich: Ist es das, was Sie produzieren? Oder glauben Sie nur, dass es so sein könnte? Ohne jede Rückkopplung?

Fängt man an zu schreiben, braucht man Publikum. Verlegt ist der Text noch nicht. Da liegt es nahe, Bekannte einzubinden.

Das ist, gelinde gesagt, der größte Fallstrick. Der Freundeskreis wird Sie belügen! Kaum einer interessiert sich richtig dafür und wenn er es wirklich liest, wird er Ihnen nie weh tun wollen. Ihr Urteil ist durch die Bekanntschaft getrübt. Ein Autor schrieb mir einmal auf eine Kritik: "Von meinen drei Testlesern hat das auch keiner bemerkt und bemängelt." Was sollte ich dazu sagen? Meine Meinung?

Wenn ich bei Manuskripteinsendungen erfahre: „Bekannte, die es gelesen haben, fanden es sehr gut …“ dann habe ich sofort Mitleid. Denn was dann folgt – die Kritik am Werk – wird doppelt weh tun.  Also: Regeln Sie das, wie sie wollen, aber tun Sie sich einen Gefallen: Lassen Sie Freunde und Verwandte erst einmal außen vor. Die dürfen erst später, wenn Sie erfolgreich veröffentlicht haben, ihren Senf dazu geben.

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