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Oberflächlichkeit - oder "Wie ich den Leser missachte"

Alle Fürsten, Politiker und Chefs haben eine merkwürdige Angewohnheit: Im Laufe der Zeit verlieren sie den Bodenkontakt, halten nur sich noch für wichtig und das Volk für blöd.

Auch der Leser merkt sofort, ob der Autor sich um ihn bemüht, oder glaubt, Oberflächlichkeiten würde man schon nicht bemerken.

Wer sich einen Gegenstand kauft, erwartet Qualität. Findet sich ein Fehler, wird reklamiert. Geld zurück oder Reparatur. Mit dem Reparieren ist das so einen Sache bei einem Buch. Geld zurück verweigert der Händler auch. Also geht man stillschweigend davon aus, dass der Autor Qualität geliefert hat oder betrachtet es als Fehlinvestition.

Gewiss nimmt man keinem Autor mal einen Patzer übel. Wenn sie sich aber häufen und auffällig werden, dann kann man schon die Frage stelle: Nimmt er mich eigentlich ernst oder hat er den Bodenkontakt verloren?

 Sehen wir uns ein paar Beispiele an:

"Der Planet war der Sonne am nächsten und somit war es ein normaler Herbsttag."

Was will uns das „Somit“ sagen? Dass der Autor keine Sekunde darüber verschwendet, ein glaubwürdiges Bild für den Leser zu zeichnen.

"Als die Sonne sich hinab zur Erde neigte und auf der anderen Seite der Welt plötzlich fünf kleine Monde aufgingen, war es an der Zeit heimzufahren."

Nehmen wir den ersten Teil des Satzes: Die Sonne beginnt sich (ich denke, das wird auf allen Planeten der Fall sein) nach Erreichen des Zenits, also mittags, zu neigen. In diesem Text aber soll es den Abend ankündigen. Der Autor meint natürlich: „Als die Sonne sich bis hinab zum Horizont geneigt hatte …“

Ich bezweifle auch, dass Monde plötzlich aufgehen. Während sich die Sonne neigt, das ist ein langsamer Vorgang, gehen die Monde plötzlich auf. Das ist ein schnelles Geschehen.

Viel mehr Fehler kann man kaum noch machen. Bei solchen Sätzen fühle ich mich einfach nicht ernst genommen.

"Die Horde der wilden Kinder taumelte und schrie durcheinander."
Eine Horde ist eine Gruppe. Kann eine Gruppe taumeln oder durcheinander schreien? Der Leser ignoriert so etwas in der Regel. Das liegt an der Eigenschaft des Lesens. Sie ist meist flüchtig.

"Seine dunklen Augen blickten ihn gleichmütig und fest an."

Wie könnte das funktionieren? Gleichmütig bedeutet soviel wie „ergeben“. Also habe ich einen ergebenen Blick. Wie vereinbart sich das aber mit dem festen Blick?

Anmerkung eines Lesers:
"Ich denke nicht, dass "gleichmütig" soviel wie "ergeben" bedeutet. Gleichmütig: gelassen, gefasst, unerschütterlich, stoisch. Der "feste Blick" passt also durchaus. Viele Grüße F. Albanua."

Also, ich denke aber doch, dass gleichmütig soviel wie gleichgültig bedeutet und darum im erweiterten Sinn soviel wie ergeben. Für eine Bedeutung im Sinn von z. B. unerschütterlich bin ich nicht zu haben. Auch bei Ihrer Variante  gleichgültig=gelassen sehe ich mich noch im Aufwind. Gelassener Blick ist nicht fest ... (Wenngleich ... gleichmütig=gleichgültig=gelassen=unerschütterlich ... Also in dieser Reihenfolge und in dieser Logik ... Aber wie gesagt, da spielt meine subjektive Empfindung nicht mehr mit ...) Aber vielleicht empfinden ja auch andere gleichmütig anders als ich.

 Warum bietet ein Autor seinen Lesern gequirlten Quark an? Die Antwort ist einfach. Er arbeitet flüchtig, denkt nicht nach und meint, wenn er es niederschreibe erlange es Wirkung. Erlangt es auch, aber eine negative.

 Es gibt noch eine andere Antwort: Er hat es nur nicht gelernt, mit dem eigenen Text umzugehen. Und es hat ihm auch niemand gesagt.

 
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