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Geschraubte Mätzchen

Sie kennen das. Da redet jemand geschwollen und gestelzt, die Leute machen sich hinter seinem Rücken lustig. Aber niemand traut sich, es ihm ins Gesicht zu sagen.

Beim Schreiben ist es ähnlich: Wer von den Bekannten will Ihnen schon direkt sagen, dass Sie geschraubt schreiben? Oft ist es auch so, dass mancher das Unleserliche zwar empfindet, es aber nicht genau beschreiben kann. Darum wird er sich um die Wahrheit drücken. Ein Autor schrieb mir einmal auf eine Kritik: "Von meinen drei Testlesern hat das auch keiner bemängelt."

 Sie müssen es also von sich aus vermeiden.

Sprechen Sie Ihre Sätze laut und fragen Sie sich, was Ihre Bekannten dazu sagen würden, wenn sie Sie so reden hörten.

Sie haben kein Gefühl das begeistert? "Na ja … Hhmm … Ich weiß nicht …"
Dann weg mit den Formulierungen. Fassen Sie die Sätze neu. Das erfordert ein wenig Übung. Aber es wirkt.

"Das Raumschiff landete im Korkenzieher-Direktflugverfahren."
Der Autor hat sich hier etwas Besonderes ausgedacht. Aber ich hätte „spiralförmig“ besser verstanden.

"Such dir eine Waffe aus, deren perfekte Anwendung du zu lernen anstreben solltest."
Umständlicher geht es nicht.

 In diese Rubrik habe ich auch einige Floskeln aufgenommen

"Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen."
Wer auch immer diese Schöpfung zu verantworten hat, er hat eine treue Fangemeinde, die  diesen Satz gern ungefragt übernimmt.

Diese Redewendung ist primär biblischer Herkunft: Mit Schuppen verglich man „damals“ bestimmte Augenkrankheiten, welche die Augen bedeckten.  Eine andere Deutung kommt aus dem Tierreich. Beim  Häutungsvorgang einer Schlange sind die Augen durch eine transparente Schuppe geschützt, der Brille oder Cornealschuppe. Diese Undurchsichtigkeit schränkt die Sehfähigkeit der Schlange zunehmend ein, bis sie nahezu blind ist. Mit dem Häutungsprozess fällt diese Augenschuppe in der Regel dann ab. Sie kann dann wieder sehen.

Wenn möglich, meiden Sie diese Formulierung, auch wenn dieser Schnörkel  inzwischen zu einem Synonym der plötzlichen Erkenntnis geworden ist.

"Er zuckte mit den Schultern."
Dieser Satz soll ein Bild der Ratlosigkeit vermitteln. Aber er beschreibt eine Unmöglichkeit. Versuchen Sie einmal mit den Schultern zu zucken. Alles was gelingen wird, ist ein Heben und Senken der Schulter. Zucken ist etwas ganz anderes. „Er hob die Schultern.“ ist die richtige (weil mögliche) Formulierung.

"Rotgeräderte Augen"
Der Haken liegt in den Rädern. Räder sind rund, Augen oval. Vielleicht sollte das ursprünglich einmal „rotgeränderte“ oder "rotgeäderte" Augen heißen?

"Unzählige" (Sprachen, verschiedene Wesen u. a.)
Unzählig viele Sprachen vermischten sich zu einer einzigen.
Das unzählig soll eigentlich nur andeuten: Unbekannt viele! In jedem Fall ist die Zahl aber begrenzt, mögen es auch noch so viele Sprachen sein. Setzt der Autor das „unzählig“ ein, leistet er sich wieder einen Stolperstein, denn der Leser kann damit nichts anfangen. Man sollte darum genau prüfen, ob man dieses Wort verwendet.

Ähnliche Gedanken sollte man auch zu "Unendlich" anstellen.
"
Es war unendlich heiß und stickig hier unten."

"Der nasse Sack"
ist auch so eine beliebte Anwendung. Ich mag sie nicht sonderlich. Die wichtigste Frage, die sich mir immer stellt: Was ist an dem Sack so besonderes, wenn er nass ist?
"Mein Magen fiel wie ein nasser Sack nach unten."
"Er ... rutschte / fiel wie ein nasser Sack ..."

Wie rutschen oder fallen nasse Säcke denn?
Ganz am Anfang stand das Bild das nassen, mit Kartoffeln gefüllten Sackes, den der Träger schwer vom Wagen in einen Keller schleppte und dort von der Schulter auf die anderen Säcke abwarf. Dieses Abwerfen des vollen, schweren Sackes war gemeint. Wenn die Autoren wenigsten diese Beschreibung beibehalten würden, dann wüsste ich wenigstens, ob der Sack gefüllt oder leer ist. Das macht schon einen Unterschied.

"Um"
Das Haustelefon klingelte um Punkt acht
Dieses "Um" hat sich inzwischen überall eingebürgert. Aber deshalb wird es nicht besser. Es ist bei der Nennung einer genauen Uhrzeit einfach fehl am Platz. Was geschieht, wenn man es weglässt?

 Man kann so schreiben, wie man selbst spricht, aber so, wie man nicht sprechen würde, sollte man auch nicht schreiben! Aber selbst da ist Vorsicht geboten.

"Nicht sehr taff, der Kleine!“
„Woof! Hey, echt!“
Man sollte schon vermeiden, sich durch sprachliche und stilistische Eigenwilligkeiten interessant zu machen. Andererseits dürfen die Personen einer Geschichte ruhig fehlerhaft reden; umständlich oder geziert agieren. Das richtige Maß zu finden ist nicht so schwer. Problematisch wird es, wenn man versucht, modischen Alltagsslang zur literarischen Ausdruckssprache zu stilisieren.

Darum ist eigentlich auch diese Regel einfach: Vermeiden sie Phrasen, Klischees und dummes Alltagsgeschwätz.

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