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Ballast-Zeit

Wenn man sich richtig in Schreibwut befindet, dann versinkt die Welt. Da bleibt nicht einmal Zeit, den Duden zu Rate zu ziehen … das hat scheinbar Zeit …

Falsch!

Konzentrieren Sie sich von Anfang an auf jedes Wort und jeden Satz. Verordnen Sie den Sätzen sofort (Ihre) Diät. Später ist es schwer, angefutterten Ballast wieder loszuwerden. Da schmerzt jedes Pfund, das man verlieren soll.

Also – lassen Sie sich Zeit. Niemand drängt sie wirklich. Überlegen Sie die Möglichkeiten des Satzbaus oder der Wortwahl ruhig einmal auch eine Stunde.

Das ist so ähnlich wie im wirklichen Leben. Die Schnell- und Vielesser füttern sich überflüssiges Gewicht an. Vielleicht merken sie es selbst, ärgerlich aber werden sie erst, wenn andere sie darauf aufmerksam machen.  Jetzt ist guter Rat teuer. So leicht verlieren sich die Fettzellen nicht. Das kann zur Qual werden.

Beim Schreiben ist das ähnlich. Wer nicht aufpasst, produziert rasch aufgeblähte Sätze. Und dann kommen Kritiker daher und meinen, dass ihnen das nicht gefalle. Diät müsse Abhilfe schaffen.  Also fängt man an, die so schön fabulierten Gebilde abzuspecken … aber jedes Wort war einmal wichtig gewesen. Welches darf nun dem Rotstift oder der Entfernen-Taste zum Opfer fallen?

Dafür gibt es beim Schreiben eine einfache Regel:  "Wenn man aus einem Satz ein Wort entfernt und er seinen Sinn und seine Grammatik immer noch behält, dann entferne dieses Wort. "

Lassen Sie uns das einfach üben:
"Entfernt man aus dem Satz ein Wort und er behält Sinn und Grammatik, dann entferne dieses Wort."
Zurück bleibt ein schlankes, ansehnliches Gebilde. Aber es ist nur das Rudiment dessen, was man sagen wollte. Der nackte Körper ohne Kleid.

Jetzt mag man daran gehen, es ein wenig zu schmücken, damit es auch ansehnlich wird. Aber nicht zu viel Kosmetik, denn wir haben doch Geschmack …

Versuchen wir es noch einmal mit dem obigen Satz:
"Wenn man aus dem Satz ein Wort entfernen kann und er seinen Sinn und die Grammatik behält, dann streiche dieses Wort leichten Herzens."

Der konzentrierte Satz ist der Rohbau. Das geschickte Ausschmücken die Kunst. Das ist die Stelle, an welcher der Autor über den eigenen Stil entscheidet. Und das ist die zweite Regel.

Und irgendwann, später einmal, wird man nicht umständlich am Satz herumbasteln. Da fließt es von allein … Das ist wie beim Autofahren. Am Anfang …

"Dies veranlasste den Jofeaner  jedoch dazu anzunehmen, dass Werner eventuell gar nicht genau sagen konnte, ob er wirklich keine Jofeanerfrau gesehen hatte, wenn er doch das Aussehen eines Jofeaners gar nicht kannte."
Dass hier viele Worte umständlich benutzt werden, merkt man beim Lesen leicht.

Die beiden einfachen Regeln in die Tat umzusetzen, bedeutet sich Zeit zu nehmen. Das ist ganz einfach. Beim Arbeiten am Manuskript brauchte man sich eigentlich nur zu fragen: Welche Wörter habe ich unnützerweise geschrieben? Wer das mal versucht und richtig umsetzt, bekommt einen Vorgeschmack darauf, dass Schreiben Kunst ist – und gar nicht so einfach.

Aber man muss der Ehrlichkeit hier noch ein dritte Regel hinzufügen: Es kann durchaus sein, dass alle diese Mühe doch im Papierkorb landet. Weil man später bessere Gedanken, bessere Worte und bessere Formulierungen gefunden hat. Na und? Das gehört dazu.

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