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Adjektivitis – Die Krankheit der anderen Art

Adjektive haben eine verlockend herrlich schöne Funktion: Sie scheinen den literarischen Satz bunt und schillernd zu machen, indem sie ihm unheimliche oder grauenhafte oder auch schrecklich nette Eigenschaften geben, die zu phantastischen Ergebnissen führen.

Wenn jetzt jemand das Gefühl hat, der vorangehende Satz sei schon ein wenig dubios hat Recht.

Auch bei einem Satz wie: „Der kleinwüchsige Mann verschränkte seine dicken Arme vor der schmalen Brust und stand als gehörnter Depp vor den stummen Leuten…“ bemerken Sie vielleicht selbst, dass da einige Adjektive zu viel sind. Natürlich hat jedes für sich seine Berechtigung. Erst in der Vielzahl werden sie fragwürdig. Der Leser hat keine Zeit, sich auf eines dieser erläuternden Worte zu konzentrieren, denn sofort kommt die nächste Aufforderung vorbei.

Es gibt eine weitere einfache Regel: Gehe mit Adjektiven sparsam um.
Daran schließt sich die nächste Regel nahtlos an: Setze die Adjektive richtig ein.
Adjektive haben eine beschreibende Wirkung. Darum werden sie im Deutschen auch Eigenschaftswörter genannt. Anders formuliert: Sie beschreiben die Eigenschaften von Substantiven (Hauptwörtern) Wenn man sie einsetzt, dann sollen sie das auch tun - sonst verfehlen sie ihre Wirkung.

Daran klammern sich zwei kleine, aber sehr wichtige Nebenregeln:
Vermeide subjektive, behauptende Adjektive ( herrlich, wild, artig, schrecklich, unheimlich, gut, böse, toll, grauenhaft, phantastisch usw.). Schöne Bilder, eine grauenhafte Landschaft, eine gute Architektur - keines der Adjektive beschreibt das Substantiv tatsächlich. Es wäre also fehl am Platz und degradiert den gut gemeinten Stil.

Selbstverständlich verwende ich diese Wörter, wenn sie trotzdem treffend sind oder ich nicht in der Lage bin, mit anderen Beiwörtern ein Bild zu erschaffen. Was ist schon falsch, wenn man ein Pferd als ein "wildes Pferd" bezeichnet? Auch gegen ein "schrecklich schön" wird niemand etwas einwenden. Und unter "schönes Wetter" kann sich auch jeder etwas Konkretes vorstellen. Trotzdem ist Vorsicht geboten.

Oft aber kommt es vor, dass der Autor Adjektive verwendet in dem untauglichen Versuch etwas zu beschreiben, von dem er selbst nur eine unklare Vorstellung hat.

"Herein kam eine wunderschöne Frau. Sie war so schön, dass er für einen kurzen Augenblick an einen Traum und dann an einen Trip dachte. "
Man merkt man hier gut, dass der Autor besser daran getan hätte, das "schön" durch eine detaillierte Beschreibung zu ersetzen.

Darum:  Verwende besser objektive Adjektive (groß und klein, kalt und heiß, schwer, trocken, dunkel und leicht, feucht, hell ).

Kommen wir zu ein paar einfachen Beispielen:.
"Der Behälter wog so viele Kilogramm, dass er ihn unheimlich schwer anheben konnte."
Jeder weiß, worum es geht, aber jeder wird diesen Satz auch rasch überfliegen. Das "unheimlich" passt einfach nicht, man muss es mit Gewalt ignorieren - damit wird es zum Stolperstein.

 Aber vielleicht so: "Der Behälter war so schwer, dass er es nicht schaffte, ihn anzuheben."
Ich denke, der Unterschied wird klar. Hier wird auch die Verbindung zur Erzeugung von Bildern ein wenig sichtbar. Der Leser muss für sich entscheiden, wie viel für ihn schwer ist. Fünfzig Kilogramm oder nur zehn?

"Seine Augen waren absolut leer."
Seine Augen waren leer. Gibt es eine noch leerere Leere? Warum muss es ein absolut geben? Den Drang, viele, weil beschreibende Adjektive zu verwenden, den sollte man von Anfang an bekämpfen.

Stellen Sie sich ein Ziel: Verwenden Sie nur die aussagekräftigsten. Versuchen wir es wieder an einem Beispiel.
Adjektive haben eine ... tolle, gute, schöne, besondere, auffallende, verlockende ... Eigenschaft.
I
ch habe mich für "verlockend" entschieden (siehe oben).

Ich möchte den obigen Satz gern ein wenig zurecht rücken:
Adjektive haben eine verlockende Eigenschaft: Sie scheinen den Satz mit erklärenden Zusätzen so auszuschmücken, dass der Leser sich ein genaues Bild von dem machen kann, was der  Autor ausdrücken möchte.

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